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A designers toolbox - zweiter Beitrag

Episode 02: Sich den Problemen stellen


Eine Woche unter Hochdruck liegt vor dem Team. Es ist Montag – der erste Tag des fünftägigen Designprozesses und der Start hört sich an wie eine Sitzung beim Therapeuten: „Stellen wir uns heute doch mal unseren tiefsten Ängsten...“ Große Fragen, Probleme ohne Antworten und eine riesige Ungewissheit können erstmal Angst machen. Sorgen und Ängste hat man zu Jugendzeiten ins Tagebuch geschrieben und oftmals durchs reine Aufschreiben bereits bewältigt. Wie können also heute gemeinsam im Team die Probleme fokussiert werden, um Antworten darauf zu finden und die Ungewissheit beiseite zu räumen?

Um ein gemeinsames Verständnis für all die offenen Fragen und der Zielsetzung zu schaffen, steht der Montag als Beginn des Designsprints ganz im Zeichen der Analyse und des Fokussetzens. Strukturierte Diskussionen, ein gestecktes Langzeit-Ziel, eine grobe Challenge-Map und Befragungen der Experten legen den Grundstein für die Sprint-Woche und stecken das Ziel fest, welches es in einer Woche zu lösen gilt.

Eine einfache Map: Keep it simple


Zu Beginn: Eine beliebte Methode ist hierbei die Aufgabe: „Start at the End.“ Ein Langzeitziel ist als Motivation und auch Messlatte wichtig für die Woche.

Die aufgezeigten Probleme müssen in Fragen formuliert werden, um so die Anforderungen für den Sprint klarer identifizieren zu können. Mithilfe dieser Anforderungen in Form von Fragen wird eine einfache Map der Challenge erstellt – egal wie kompliziert oder unterschiedlich der Case eines Teams ist! Der nach Diskussion und Revision entstandene Userflow soll das „Big Picture“ widerspiegeln. Zu reduzieren ist die wohl am schwierigsten zu bewältigende Aufgabe – Natürlich verbergen sich hinter jeder Challenge eine Menge verschiedener Herausforderungen, Schwierigkeiten oder Probleme, jedoch gilt es die Nuancen oder Details erstmal nicht zu beachten. Für den ersten Schritt reicht eine simple Map mit den wichtigsten Schritten: Was benötigt ein Kunde bzw. Nutzer, um sich vom Anfang bis zum Ende des Prozesses fortzubewegen? Dieser Ansatz folgt einem schlanken „Customer First-Prinzip“ und soll kundenzentriert verschiedene Rollen aufzeigen, die den Prozess durchlaufen. Wichtig ist hier bei jeder Story, wie bei einem guten Roman: Es benötigt einen Anfang, eine Mitte (einen Höhepunkt) und ein Ende. Nur eben nicht als Prosaform, sondern viel simpler – mit Wörtern, Pfeilen und ein paar Boxen.

Jede Map sollte wie folgt aufgebaut sein: Links die Rollen bzw. Kunden auflisten, rechts das Ende bzw. Ziel des Prozesses und die goldene Mitte sollte mit maximal 5 bis 15 Schritten durch Wörter und Pfeile beschrieben werden. Diese Map ist auch nicht in Stein gemeißelt und kann an dem Tag immer wieder durch Diskussionen auch verändert, korrigiert oder ergänzt werden.


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Experten befragen: Ich sehe was, was du nicht siehst


Innerhalb eines Projektes gibt es oftmals viele Experten mit reichlich unterschiedlichem Wissen. Jeder der Beteiligten weiß etwas, was der andere ggf. nicht weiß, da sein Fokus auf einer anderen Anforderung oder einem völlig anderen Business-Segment liegt. Es ist nahezu nie der Fall, dass jeder der Experten Wissen aus den Bereichen der anderen, wie bspw. Marketingwissen und gleichzeitig Technologiekenntnisse vorweisen kann. Auch außerhalb des Sprintteams kann Expertenwissen gesammelt werden, dass den Case durchaus bereichern kann. Die meisten Informationen sind oftmals verstreut – ob im Team oder in der gesamten Firma oder sogar darüber hinaus. Es gilt die Fakten, die als Basis vorhanden sind immer auch in einen realen Kundenkontext zu setzen. Und so ist die Auswahl der Experten wichtig, bei der man sich am besten folgende Fragen stellt: Wer entscheidet, ob das Projekt erfolgreich wird? Wer weiß was die Kunden wollen bzw. vertritt somit die Kundenstimmen, und wer versteht wie die Dinge bzw. das Produkt funktioniert?

Für die Interviews bedarf es keiner großen Vorbereitung. Wenn sich die Experten außerhalb des Sprintteams befinden, reicht eine kurze Einführung in den Sprint, das Langzeit-Ziel, die Sprintfragen und die simple Map. Und dann heißt es auch schon: „Erzähl mir alles was du weißt!“. Ähnlich wie bei dem Kunstmärchen von Theodor Storm „Der kleine Häwelmann“, als der kleine Junge nicht genug kriegen kann und auf die Frage „Hast du noch nicht genug?“ stets antwortet: „Nein, nein. Mehr, mehr, mehr!“, gilt es auch hier bei den Interviews genau zuzuhören, möglichst viel zu erfahren und weiter nachzufragen. „Erzähl‘ mir mehr davon!“ oder „Wie kann ich mir das vorstellen?“ deckt häufig eventuelle Unvollständigkeiten aus Sicht des Experten auf und kann zu Änderungen führen.

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How might we – Semantik ist alles.


Ähnlich wie die bereits im Blogpost „Event storming“ aufgezeigte Methode, gilt es die Experteninterviews für alle sichtbar und verständlich zu machen. Eine Technik die sich dafür hervorragend eignet, nennt sich „How might we“ und stammt bereits ursprünglich aus 1970ern von Marketingexperten der Agentur Procter & Gamble. Warum diese Methode so gut funktioniert? Grundsätzlich liegt der Erfolg dieser Herangehensweise vermutlich bereits in der Semantik der Aussage „How might we…“. ‚HOW‘ vermittelt, dass es Lösungen gibt und schafft somit Vertrauen. ‚MIGHT‘ signalisiert, dass das Sprintteam sowohl funktionierende, aber auch scheiternde Ideen finden kann. Und ‚WE‘ zielt auf ein Gemeinschaftsgefühl ab, das aufzeigt, dass gemeinsam auf die Ideen des anderen aufgebaut werden kann.

Es geht darum nicht zu schnell in Lösungen zu denken, sondern erst einmal die richtigen Fragen zu stellen. Mithilfe der „How might we“-Methode (HMW) hat jede Expertenmeinungen somit denselben Aufbau und die vielen Inhalte der Post-Its sind besser lesbar, einfacher zu vergleichen und schneller zu strukturieren. Ob an einer Wand oder zu Home-Office-Zeiten auf einem digitalen Whiteboard, kann infolgedessen der gesamte Output aller zueinander gehörenden Themen gruppiert und mit einem Label versehen werden. Daraufhin kann anhand dessen abgestimmt werden, welches die nützlichsten HMWs sind. Diese Priorisierung fließt dann als Korrespondenz in die Schritte der Storymap ein. Ziel ist es Montagabend mithilfe des Langzeit-Ziels, den Sprintfragen, der Storymap und den HMW-Notizen ein gemeinsames Bild von Wissen und der Expertise eines jeden einzelnen im Team und darüber hinaus zu haben und das Ziel der Woche zu definieren.


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Montagabend: Das Ziel vor Augen

Die letzte Aufgabe am Montag dreht sich um die Wahl des Ziels für den Sprint. Wer ist der wichtigste Kunde und spiegelt somit die zu verfolgende Rolle aus der Userflow-Map wider? Und welches Ereignis bzw. welcher Moment ist im Prozess der wichtigste? Der ganze restliche Sprint dreht sich um diesen Case – von Ideenskizzen, über Prototyp bis hin zum Testen. Wenn das Ziel gesteckt ist, lohnt sich nochmal der Blick zurück auf die Sprintfragen, die es zu beantworten gilt. Eine davon sollte mit dem gesteckten Ziel matchen… und dann heißt es: Let’s hike over to „Solution-Tuesday“!

Cheers
CR
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